Bereits zum vierten Mal müssen wir heute gegen die selbsternannte Alternative für Deutschland, Neonazis und zahlreiche extrem rechte Hooligans demonstrieren.
Seit dem 16. September rotten sie sich jeden Mittwoch zusammen, um rassistische Stimmungsmache gegen Flüchtlinge zu betreiben. Und bislang kam es an jedem Mittwoch am Rand des Aufmarschs zu Übergriffen und Gewalttaten auf Andersdenkende. Die AfD hingegen fabuliert, inakzeptable Parolen oder Verhaltensweisen seien bereits vor Beginn der Veranstaltung von der Demonstrationsleitung ebenso untersagt worden, wie der Anschluss von extremistischen Trittbrettfahrern. Dabei waren bislang bei allen Aufzügen Parolen und Ausrufe zu hören wie „Judenpack“, „wer Deutschland nicht liebt soll Deutschland verlassen“ oder „ich schneide dir den Kopf ab“.
Fahnen und Transparente extrem Rechter Organisationen und Kontexte strafen Höcke und Co zudem Lügen.
Zur Klarstellung wollen wir einige Beispiele der vergangenen Wochen nennen:
Vertreter der „Europäischen Aktion“ mit Fahnen, ein weit vernetzter Dachverband von Holocaustleugnern, der seit Beginn des Jahres seine Aktivitäten in Thüringen deutlich gesteigert hat.
Fahnen und Banner der „Identitären Bewegung“, die in Thüringen vom ehemaligen NPD-Aktivisten Kevin Schulhauser angeführt wird. Dabei handelt es sich um organisierte extrem rechte Gruppen, die das völkische Konzept eines „Ethnopluralismus“ propagieren.
Vertreter der Splitterpartei „Die Rechte“, die besonders durch ihre Militanz auffällt. Unter anderem lief hinter der AfD der einschlägig bekannte Neonazi Michel Fischer mit, der mehrfach Kinder zusammen schlug und verurteilt wurde.
Mitglieder der Erfurter Neonazi-Gruppe „Kollektiv 56“ um Sascha Wühr, die vermutlich für einen Gewaltangriff am vergangenen Mittwoch auf der Krämerbrücke verantwortlich sind.
Und natürlich durfte auch die NPD nicht fehlen, deren Vertreter am letzten Mittwoch gleich ein eigenes Transparent mit sich führen konnten.
Begleitet wurden sie von landesweit angereisten Neonazis aus dem Organisationsteam des Thügida-Netzwerks, aus der Kameradschaftsszene mit ihren typischen schwarzen Fahnen mit weißer Frakturschrift und von extrem rechten Hooligans, die Jagd auf Gegendemonstrantinnen und Demonstranten machen konnten.
All das sind Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Aufmärsche. Die AfD nennt sie „besorgte Bürgerinnen und Bürger aus Thüringen“, den Aufzug eine „friedliche Demonstration“. Hier haben wir die Thüringer Variante der „Pegida“-Aufmärsche in Sachsen mit all ihren Begleiterscheinungen.
Es wundert nicht, dass Neonazis ihre Chancen sehen, ordentlich mitzumischen, wenn Höcke und die AfD die rassistische Stimmungsmache bedienen, die auch „Thügida“ seit Anfang des Jahres schürt. Und wo Neonazis mitmischen, da ist auch Gewalt, die aus dem extrem rechten Weltbild nicht wegzudenken ist.
Dies scheinen die Erfurter und Thüringer Behörden wohl nicht verstehen zu wollen oder zu können.
Nehmen wir als Beispiel das Verhalten der Erfurter Ordnungsbehörde, die schon beim ersten Aufzug ihre Unfähigkeit bewies. Wie sonst ist es zu bewerten, wenn statt der 50 angemeldeten Teilnehmer 1200 Personen, darunter hunderte Nazis, unbegleitet durch die Stadt laufen können?
Oder das polizeiliche Vorgehen an den letzten zwei Mittwochsaufmärschen: Obwohl mit einem weiteren Anwachsen der Teilnehmerzahl bei den AfD-Aufzügen zu rechnen war, gelang es der Polizei nicht, Gegendemonstrantinnen und Demonstranten ausreichend zu schützen. Die Folge waren Angriffe und Verletzte. Im Nachhinein verharmlost als kleinere Auseinandersetzungen.
Dass es ganz anders geht, hat die Polizei am letzten Samstag in Jena bewiesen, wo die Stadt einer Festung glich. Der Feind aber – das war klar – stand hier links. Während oben genannten Die Rechte-Kader Michel Fischer an der Demospitze hinter dem vorausfahrenden Wasserwerfer einer abging.
Die Gesamtverantwortung schließlich trägt der Innenminister, der seine Polizeibehörde und deren unsäglichen Einsatzkonzepte offenbar überhaupt nicht im Griff hat.
Hier mal ein Satz an die Thüringer Innenpolitikerinnen und -politiker: Den Verletzten hilft keine Aufarbeitung im Nachhinein. Denn diese bleibt erfahrungsgemäß bei anderen Gelegenheiten folgenlos. Oder reicht das Gedächtnis der Polizei etwa nicht bis zum 1.Mai zurück? Sind die Übergriffe in Saalfeld und Weimar durch politisch induzierte Demenz vergessen? Was hat uns deren Aufarbeitung gebracht? Auf der Straße praktisch nichts.
Für uns können die Konsequenzen besonders aus dem letzten Mittwoch daher nur heißen: Demonstrationskonzepte müssen immer auch Selbstschutzkonzepte sein. Bleiben wir standhaft bei dem Kampf gegen den widerlichen Rassismus, aber bleiben wir es gemeinsam. Bleibt zusammen, bildet Bezugsgruppen, bewegt euch nur in größeren Gruppen.
Für heute heißt dies: Um keine unnötigen Gefährdungen zu riskieren, werden wir gemeinsam zurück in die Innenstadt ziehen.
Wir möchten keine Angst schüren, wir möchten euch zur Vorsicht raten. Die Brandstifterreden eines Höcke und seiner Partei sind bei ihren Aufmärschen stets mit Neonazis, deren Gewalt und Bedrohung verbunden.
Passt auf euch und andere auf!